Erich Geissers Gast-Blog bei nachhaltigleben Teil 1

Wer kauft eigentlich nachhaltig und warum? – Eine kleine Charakterschau

Achten wir beim Einkaufen auf nachhaltige Produkte, fairtrade oder bio, steckt dahinter eine andere Motivation, als wir vielleicht denken. In seinem Gast-Blog nimmt Erich Geisser, Geschäftsführer von Changemaker, unseren inneren Kompass unter die Lupe und zeigt, was wir noch besser machen können.

Ich werde immer wieder gefragt, welche Menschen Wert darauf legen, nachhaltige Produkte zu kaufen und was deren Motive sind. Nun, die Gründe sind so vielfältig und vielschichtig wie das Leben. Im Marketing sprechen wir von der Zielgruppe der LOHAS (Lifestyle of Heath and Sustainability). LOHAS bezeichnet Menschen, die einen Lebensstil pflegen, der von Gesundheitsbewusstsein sowie der Ausrichtung nach Prinzipien der Nachhaltigkeit geprägt ist.

David Bosshart, Leiter des renommierten Gottlieb Duttweiler Institutes GDI, spricht in diesem Zusammenhang von Moralkonsum. Moral, die das zwischenmenschliche Verhalten der Gesellschaft reguliert – oder eben das Kaufverhalten. Der Konsument folgt seiner Moral, ökologische und fair produzierte Dinge zu kaufen.

Zeig mir, was du kaufst und ich sag dir, wer du bist?

Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Dennoch lassen sich vier Haupt-Typen nachhaltiger Shopper definieren:

  1. Jene Käufer, die es beim heutigen Wissensstand über die Produktion als ihre Verpflichtung sehen, «schöne» Produkte zu kaufen. Zur Schönheit eines Produktes gehört aber nicht nur das Design, sondern auch die Produktionsbedingungen und welche Folgen ein Produkt für die Umwelt hat.
  2. Jene Käufer, die aus tiefer, inneren Überzeugung nichts Schlechtes kaufen möchten. Es ist Teil ihres Charakters, ihrer Tugend, nachhaltig und achtsam zu sein. Sie sind informiert und kennen die Kehrseiten ihres Konsums. Ob sie nun damit die Welt verändern, ist für diese Menschen sekundär.
  3. Nachhaltig ist der neue Lifestyle. Schlagworte wie vegan, free from, zero waste, no plastic, Suffizienz, Altruismus sind «en vogue» und fliessen auch in den Konsum mit ein. Der Kauf wird entsprechend gezeigt und geteilt. Das Motiv dahinter ist der Wunsch, zu einer Gruppe dazuzugehören und sich mit ihr zu identifizieren.
  4. Jene Käufer, für die alles einen Einfluss auf die Umwelt und auf sie selber hat. Wenn ich einen Gegenstand bewusst einkaufe, ihn achte und liebevoll wertschätze,  dann verändere ich damit meine Welt und die eines anderen Menschen. Dort, wo ich kann, kauf ich bewusst ein und bewirke etwas Positives. Dort, wo ich es nicht kann, versuche ich, zu verzichten.

Aber ist es überhaupt relevant, sich die Frage zu stellen, warum wir uns für ethischen Konsum entscheiden? Ob ich einem Lifestyle folge oder es als moralische Verpflichtung empfinde, umweltbewusst einzukaufen: Das Resultat und die Konsequenzen ethischen Konsums sind schliesslich die gleichen, ob mit oder ohne Absicht.

Persönlich glaube ich, dass es spannend und aufschlussreich ist, sich zu überlegen, warum man nachhaltig handelt oder einkauft, weil der Beweggrund sehr viel über die Wertemodelle einer Person aussagen kann.

In meiner fünfteiligen Blogserie will ich der Frage nachgehen, wie wir unsere persönliche Motivation, umweltbewusst zu konsumieren, gezielt nutzen können, um damit tatsächlich etwas zu bewirken.

Nachhaltig zu konsumieren, ist meine Pflicht, aber sie hat ihre Grenzen

Täglich hören und sehen wir News von einer Welt, die in Bezug auf Verletzung von Menschenrechten und Missachtung der Natur aus den Fugen zu geraten scheint. Als Konsumenten sind wir Teil davon, ob wir es wollen oder nicht. Mehr und mehr Käufer sehen sich deshalb in der Pflicht, etwas gegen diese Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen zu tun. Sie sehen den bewussten Entscheid für oder gegen ein Produkt als ihre Pflicht, das Richtige zu tun. Pflicht als Motivation – Der Begriff der Pflicht, auch «Sollen oder Müssen» genannt, bezeichnet eine Aufgabe oder Handlungsnorm, die jemand aus prinzipiellen, persönlichen, situativen oder sozialen Gründen zu erfüllen hat. Nach diesen Normen hat man die Pflicht, sich für oder gegen den Kauf eines Produktes zu entscheiden. Um sein eigenes Pflichtgefühl besser für eine positive Veränderung bei sich und in der Gesellschaft zu nutzen, wären folgende Handlungsmaximen wichtig:

  1. Es wäre schlichtweg eine Überforderung, sich für alle Bereiche verpflichtet zu fühlen. Deshalb sollte der Konsument sich klare Bereiche definieren, in denen er die Verantwortung für seine (Kauf-)Entscheide übernehmen kann. Geht es z. B. um das Tierrecht und somit ist vegan angesagt? Oder ist es ihm vielmehr wichtig, auf die Ressourcen zu achten und z. B. lokal einzukaufen?
  2. Nur ein mündiger, informierter Geist kann auch Verantwortung und somit eine Verpflichtung übernehmen. Es zeichnet diese Konsumenten aus, sich zu informieren und bei den definierten Bereichen wirklich in die Tiefe zu gehen.
  3. Eine eingegangene Verpflichtung ist bindend und sollte stringent und ausnahmslos verfolgt werden. Somit gilt hier: Weniger ist mehr. Es ist niemandem gedient, wenn zehn Bereiche definiert werden, die man dann aber nicht oder kaum umsetzen kann.
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